Der Hammer:
Maulkorb für Friedensaktivisten

 

Wiesbaden ist wunderbar und multikulturell. Hier leben verschiedene Welten und Kulturen auf engstem Raume zusammen. So war es auch bei der Friedenskundgebung auf dem Luisenplatz am 12. April 2003 mit rund 200 Teilnehmern. Während einige Redner vom Irakkrieg schon in der Vergangenheitsform sprachen, wurde zu gleicher Stunde vor den Toren der Stadt, auf dem US Airfield in Wiesbaden-Erbenheim, ein DB Cargo-Güterzug mit schwerem Kriegsmaterial beladen. Reiseziel: über den Hafen Antwerpen an den Golf.

Die Kundgebung sollte eine Stunde dauern und war schon um fünf vor zwei zu Ende.  Für unsere Initiative wollte Hans-Gerd Öfinger in diesen fünf Minuten hochaktuelle Informationen zum aktuellen Kriegsaufmarsch vor unserer Haustür bekannt geben. Doch er hatte Redeverbot.

Hans-Gerd Öfinger hatte sich als Mitbegründer der örtlichen Initiative „Gewerkschafter und Jugend gegen den Krieg“ stets in Wort und Tat dafür eingesetzt, dass sich die Friedensbewegung vor Ort nicht spalten lässt und bei Kundgebungen stets Vertreter aller in gegen den Krieg engagierten Parteien, Gruppen und Initiativen zu Wort kamen, sofern sie dies wünschten (mit Ausnahme von Rechtsextremisten). So war es auch bei der großen örtlichen Demonstration zum „Tag X“ am 20.3. mit 2000 Teilnehmern und zwei Tage später mit rund 3000 Teilnehmern gewesen. Beide Demos waren von der Initiative  „Gewerkschafter und Jugend gegen den Krieg“ angemeldet worden, und bei beiden Veranstaltungen konnten ohne Anmeldefristen alle reden, die dies wünschten – darunter auch Vertreter von IG Metall, SPD und Grünen.

Diese selbstverständliche Offenheit und Toleranz galt am 12. April plötzlich nicht mehr. Hans-Gerd Öfinger, der   immerhin seit dem September 2001 vor Ort wöchentlich gegen Terror, Krieg und Fremdenhass auf der Straße aktiv ist, wurde kurz vor Beginn der Kundgebung mitgeteilt, dass „zwei von fünf“ offiziellen Trägern der Kundgebung strikt dagegen seien, dass er einen Redebeitrag halte. Und Mehrheit ist Mehrheit – oder besser gesagt: Minderheit ist Mehrheit.

Erst nach gezielten Nachfragen bzw. Nachbohren konnte der Ausgegrenzte in Erfahrung bringen, wer denn in dem „Fünferrat“ der Veranstalter sein vermeintliches „Vetorecht“ so konsequent ausgespielt habe. Neben der katholischen Kirche (von der allerdings niemand persönlich sich hierzu vor Ort bekannte; der katholische Stadtdekan wußte von nichts und zeigte sich verwundert) war der maßgebliche Drahtzieher der Personalratsvorsitzende bei der örtlichen Stadtverwaltung, Oliver von der Heidt. Letzterer, eigentlich ein seltener Gast auf bisherigen Friedensdemos, sollte auf dem „Gewerkschaftsticket“ einen Redebeitrag halten und weigerte sich strikt, auf einer Kundgebung zu sprechen, bei der auch Öfinger zu Wort kommen würde. Triftige sachliche oder politische Begründungen für diese Erpressung lieferte er keine. Doch seine Drohung zeigte Wirkung. Um des lieben Friedens willen bedauerten die anderen Träger der Veranstaltung das Redeverbot und beteuerten, man wolle sich ja nicht mit den Gewerkschaften anlegen.

Spielte sich als Vetomacht auf: Oliver von der Heidt (rechts außen)

Dabei war von der Heidt (im Bild rechts außen) von niemandem, vor allem von keiner gewerkschaftlichen Instanz, zu einem derart arroganten, unsolidarischen und unkollegialen Verhalten gegenüber einem anderen Gewerkschaftskollegen instruiert worden - weder vom örtlichen DGB-Sekretär noch vom bezirklichen ver.di-Präsidium (diesem gehört übrigens Hans-Gerd Öfinger als stellvertretender verdi-Bezirksvorsitzender selbst an). Ob von der Heidt  im Auftrag seines Personalrats oder gar der Stadtverwaltung oder einer anderen behördlichen Instanz handelte, entzieht sich unserer Kenntnis.

Fakt ist: Beide – Öfinger und von der Heidt – waren erst drei Monate zuvor in ein und denselben Bezirksvorstand der Gewerkschaft ver.di gewählt worden. Bei dieser Konferenz hatten beide noch an einem Strang gezogen: Der eine hatte einen Initiativantrag gegen den Irak-Krieg eingebracht, und der andere hatte als Sprecher der Antragskommission diesen Antrag zur Annahme empfohlen, wonach der Antrag auch bei ganz wenigen Gegenstimmen angenommen wurde.

Das arrogante Verhalten von der Heidts entspricht nicht im geringsten den Anforderungen an Kollegialität und Solidarität. Eine Entschuldigung ist fällig.

C. Mürdter

 

Initiative „Jugend gegen den Krieg“ – Postfach 2112 – 65011 Wiesbaden – Tel./Fax 0611.406807

Zurück zur Startseite